Kriegserinnerungen 1940-1945 aus Hauset

Kriegserinnerungen von Dorothée Hugot

aus den Jahren 1944 - 1945

Flucht vor den Bomben in Aachen - Einmarsch der Amerikaner

 

In den Nachlassunterlagen des Journalisten Willy Timmermann, auch Autor des Heimatbuches Hauset Band 1 fanden wir auch einen interessanten Beitrag einer Aachener Erzieherin, die in ihrem hohen Alter noch Vorträge an Schulen hielt, um über die Grausamkeiten eines Krieges und insbesondere des letzten Krieges zu berichten und die jugendlichen Schüler zu ermahnen, standhaft und wehrhaft für Demokratie einzustehen.

 

Für uns Archivare ist es schade, dass wir sehr wenig über das Leben während des Krieges erfahren haben. Wir kennen alle die vielfältigen Gründe. Inzwischen ist es aber so, dass die letzten Zeitzeugen Abschied von uns nehmen und es sehr schwierig ist, noch viel Bewegendes zu erfahren. Auch die verschiedenen Presseorgane geben nicht viel her, waren sie doch alle gleichgeschaltet. Dorothee Hugot, so heißt die Erzählerin, gehörte zu einer Familie die aus Aachen flohen vor dem tatsächlichen und drohenden Bombenterror zum Kriegsende, um in Hauset Unterschlupf zu finden. Sie erlebten dann in Hauset den Einmarsch der Amerikaner in Hauset in die Nachkriegsgeneration wird die angesprochenen Hauseter Familien und Häuser noch in Erinnerung haben, beziehungsweise wiederfinden können. Ein durchaus lesenswertes Zeitdokument. 

 

Der Reporter Wolfgang Trees (+), der auch viel über die Kriegs- und die darauf folgende Schmuggelzeit geschrieben hat, berichtete ebenfalls in einem Beitrag über eine Familie aus Aachen, die in der Gaststätte Gatz an der Göhl Unterschlupf gefunden hatte. Wir werden diesen Zeitbericht für später aufbereiten. 

 

Wir stellen hier die Erzählung von Frau Hugot als PDF Dokument zur Verfügung, wobei die ersten Seiten sich noch mit den Bombennächten in Aachen beschäftigen,  die letzten Seiten handeln dann allerdings um Hauset Ende des Jahres 1944 und zu Beginn des Jahres 1945.


Walther Janssen

 

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Hauset in den letzten Kriegstagen 1944 - 1945
Dorothee Hugot aus Aachen floh als Kind mit Ihren Eltern in das nahegelegende Hauset um dort in einer Blockhütte am Grossebusch ein vermeintliches sichereres Leben zu führen. Der Bericht einer Zeitzeugin aus der Zeit des Einmarsches der Amerikaner in Hauset im September 1944, dem Sturm auf Aachen und den Beginn von 1945.
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Kriegserinnerungen einiger Zeitzeugen von 1940 - 1945

In der Dorfchronik von Hauset sind die fünf Kriegsjahre von 1940-1945 noch recht wenig beleuchtet worden. Dies liegt vor allen Dingen daran dass es keine Aufzeichnungen in der Gemeindechronik aus dieser Zeit gibt, einen Pfarrchronik gab es schon gar nicht. Auch die Presse, hauptsächlich die Zeitungen im Kreis Eupen oder in Aachen gaben wenig her über den kleinen Ort am Stadtrand von Aachen, der seit 1920 zum Königreich Belgien gehörte. Was in der Presse wieder zu finden war, ist inzwischen aufgeschrieben und erfasst. Besonders schade ist natürlich, dass nur wenige Zeitzeugen der Kriegsjahre Erinnerungen veröffentlicht haben, zumindest sind uns keine solchen bekannt. Eine Ausnahme bildet der Journalist Willy Timmermann, der aus Hauset stammte, und zumindest einige Gedanken aufgeschrieben hat.  Nun haben wir uns bemüht, die letzten noch lebenden Zeitzeugen der Generation jener Kinder und Jugendliche, die noch Erinnerungen aus dieser Zeit haben, aufzusuchen, um von ihnen vielleicht zu erfahren, welche Ereignisse bei ihnen in Erinnerung geblieben sind. Sie wurden vor dem Krieg geboren und waren bei Kriegsausbruch vielleicht zwischen 5 und10 Jahre jung, heute also zwischen 85 und 90 Jahre. Viele, auch bekannte Personen sind allerdings inzwischen nicht mehr unter uns und wie gesagt, Aufzeichnungen sind uns nicht bekannt. Für die Schilderungen und die Zeit die man uns gegeben hat, möchten wir uns bedanken, wie versuchten hieraus ein Bild zu zeichnen des Lebens im Dorf so wie es in diesen Jahren stattgefunden hat. Unser Dank gilt jenen Personen die sich hierzu geäußert haben.

 

Die Gemeinde Hauset war vor dem Krieg bereits aufgefallen durch eine Gerangel um den Posten des Bürgermeisters, was in der Presse hinreichend dokumentiert wurde. Die Gegensätze pro-belgisch oder pro-deutsch, der nach der Eingliederung der Kreise Eupen-Malmedy in das Königreich 1920 recht schnell eingesetzt hatte, gab es auch in Hauset und sie spiegelten sich in einigen Entwicklungen und Ereignissen wieder, von denen wir an anderer Stelle berichtet haben. Tatsache ist aber auch, dass die pro-deutsche Bewegung, welche nach der Machtergreifung durch Adolf Hitler im Jahre 1933, durchaus an Fahrt aufgenommen hatte, trotzdem nicht zu einer eindeutigen Mehrheit für die "Heim ins Reich"-Bewegung geführt hatte. Dabei spielte sicher eine Rolle, dass man vor Ort doch eine differenziertere Nachrichtenlage hatte als zum Beispiel im Reichsinnern. Von den Zeitzeugen konnte zumindest niemand berichten, dass er sich beim Durchmarsch der deutschen Truppen, an eine Jubelstimmung erinnere. 

 

Wenn man von Vestert in Hauset, dort wo damals die Restauration und Bäckerei Heinrich Kockartz  war und heute die Marienstatue steht, Richtung Frepert geht, so wohnten im ersten Haus links die Familien der Zwillingsbrüder Willy und Josef Lux. Sie waren die Söhne von Karl Lux und seiner Frau X. Schütz, die in dem Eckhaus in der Flög auf einem kleinen Anwesen wohnten. Sie hatten zuvor in einem Haus in der Brennhaag gewohnt, dem letzten Haus auf der linken Seite vor dem Hergenrather Wald. Karl Lux betrieb in der Flög eine Schlosserwerkstatt und man hielt auch einige Kühe, so wie es vielerorts üblich war. Die Oma betrieb eine Gaststätte mit Garten, so wie es auch nach dem Kriege fortgeführt wurde. Schon damals kamen die Gäste aus Aachen hierhin. Als Oma 1941 verstarb, wurde das Gartenlokal eingestellt. Der Sohn von Willy Lux auf Frepert, ebenfalls K. hat noch eine gute Erinnerung an den 8. Mai 1940, als deutsche Truppen frühmorgens durch das Dorf sickerten und in voller Montur Richtung Astenet marschierten. Für Kinder war dies beeindruckend, aber doch überraschend, denn man hatte zuvor nichts erfahren. Angst mischte sich eher ein als Begeisterung. Die Familie war 1939 von der Brennhaag hierhin gezogen, Frepert 80 auf der 1. Etage, sein Vater war von Beruf Schreiner. Die Lehre hatte er bei August Havenith nebenan gemacht. Gearbeitet hatte er dann kurzeitig bei Schreiner Mertens in Aachen. Er war beim belgischen Militär eingezogen worden nach Beverloo. K. erinnert sich, dass ab jenem Tag im Mai nichts mehr wie früher war. Zunächst starb 1941 seine Oma in der Flög, und 1942 wurde sein Vater eingezogen. An den Abschied konnte er sich noch gut erinnern, denn man ging mit ihm zur Kleinbahnhaltestelle an Eynattener Heide. Wiedergesehen hat die Familie den Vater, aber nach Hauset durfte oder konnte er wohl nicht mehr kommen. Glücklicherweise hatte die Familie Angehörige in Burtscheid  und im Bröhltal, wo man sich im Fronturlaub treffen konnte. Selbst die Briefe (Feldpost) schickte Vater Willy nach Aachen. Die Mutter besuchte den Vater auch einmal bei einem Fronturlaub in Ostpreußen, mit dem Zug eine abenteuerliche Reise. Das letzte Lebenszeichen erhielt man von Willy vom Lehrter Bahnhof im Jahr 1944. Da er nicht mehr zurückkehrte, galt er nach Kriegsende als vermisst. Nach dem Kriege zog die Familie nach Eupen, Vater Willy wurde später für Tod erklärt. 

 

In der Hauseter Schule, die K. ab 1941 besuchte, war Martin Radermacher Lehrer. Er lehrte noch die Sütterlin-Schrift. Lehrer Radermacher war allen Schülern als sehr streng in Erinnerung geblieben. Etwa ab 1943 unterrichtete auch Maria Heutz an der Hauseter Dorfschule, die er als sehr tüchtige und fromme Erzieherin in Erinnerung hat. Sie unterrichtete auch die Kinder in der Villa Bohlen, wenn dies in der Schule nicht mehr ging. K. bezeichnete diese Jahre als eine sorglose Zeit, in der Familie erinnerte er sich, dass sehr oft Gesellschaftsspiele gespielt wurden. An den Aktivitäten der Hitlerjugend musste er noch nicht teilnehmen, dabei profilierten sich andere. An Hunger kann sich K. in dieser Zeit nicht erinnern, die Milch erhielt man zum Beispiel bei Fritz Kockartz auf Getenberg. Es war also, wie K. dachte eine eher fröhliche Zeit. 

 

Doch ab 1942 setzten die heftigen Bombenangriffe auf Aachen ein, so zum Beispiel am 30.5.1942. Dabei starb in Aachen ein Bruder der Oma. Bei Fliegeralarm war Verdunkelung angesagt. K. erinnert sich auch daran, dass auf Frepert , in der Wiese gegenüber, ein Blindgänger niedergegangen ist, der Gott sei Dank nicht detonierte. K. hatte daraufhin eine Gelbsucht, die ihm schwer zusetzte. Da der Keller zu Hause nicht sicher war, flüchtete man bei Alarm auch manches Mal in den Keller der Schmiede von Wilhelm Hansen (heute Atelier Regenbogen). Jedenfalls konnte man die Bombenangriffe auf Aachen von Hauset aus gut beobachten. Eine weitere Granate landete auch an der Schreinerei Kistemann, die heute noch an dieser Stelle angesiedelt ist. Wann dies genau war, wusste K. nicht mehr.

 

Bei seinem Opa in der Flög lebte man ebenfalls gefährlich. Da die alliierten Bomber manches Mal ihre tödliche Fracht über den Aachener Wald entluden, durchschlug auch einmal ein Blindgänger das Haus seines Opas und landete im Garten. Die Bombe wurde Tage später entschärft. Es kamen nun mehr und mehr Aachener Einwohner die dem Bombenterror in Aachen entfliehen wollten und sich in Hauset bei Bekannten einquartierten. Bei Opa Lux lebte Familie Heden unter dem Dach. Sie hatten in Aachen ein Elektrogeschäft.  So gab es immer mehr Bombenangriffe, aber ausdrücklich erinnert sich K. dass man an eine Evakuierung nie gedacht habe. 

 

Erinnerungen hatte K. noch an einem letzten Besuch in Aachen im Haus Gregorstraße 7 in Burtscheid, denn es war Anfang September 1944 und er musste die Nacht im Keller des Hauses verbringen, da es wieder heftige Bomberangriffe gab. Es war wenige Tage vor dem Einmarsch der Amerikaner in Hauset, die hier längere Zeit biwakierten, um den Sturm auf Aachen vorzubereiten. Es begann Mitte September (11.9.) und es war die Zeit der Befreiung. Sie brachten Süßigkeiten und auch auch neue Nahrungsmittel mit, welche an Kinder und Erwachsene verteilt wurden. Zum ersten Mal sah er auch dunkelhäutige Menschen, damals Neger genannt. Der Beschuss von Aachen erfolgte über Kanonenstellungen in Hauset, von denen eine wohl in der Wiese Lorreng in der Flög eingegraben wurde. Die Befreiung wurde in Hauset bekanntlich gefeiert, Erinnerungen daran hatte K. allerdings nicht. Es war wohl mehr ein Thema für die Erwachsenen. In der Schule waren nun allerdings wieder belgische Lehrer. Er konnte sich an Frl. Xhayet erinnern die schlecht Deutsch sprach und auch nicht lange blieb. Lehrer Jules Cravatte war allen bekannt, ebenso Lehrer Scheen der bald nach Hauset kam. Die Erstkommunion empfing K. in der Pfarrkirche zu Hauset von Pater Mende. Das war im Mai 1945. Im März war der Pfarrer Nikolaus Trenz verhaftet worden. An ihn hatte er keine Erinnerungen, die Geistlichkeit spielte in der Schule keine Rolle. Auch die Firmung erfolgte noch Ende Juni in Eupen durch Bischof van Zuylen aus Lüttich. Seinen Abschluss machte K. später in der Knabenschule von Eupen, da die Familie dorthin gezogen war.  

 

In der Flög lag mitten in der Hauseter Heide ein Bauernhof, der  von der Familie Bauens bewirtschaftet wurde. An diesen Bauernhof gibt es von den fünf Söhnen der Familie viele Erinnerungen, über die vor allen Dingen H. berichten konnte. Auch er war zu Beginn des Krieges fünf Jahre alt. Die Nachbarfamilien noch sehr gut in Erinnerung. Neben der Familie des Karl Lux war dies der Schuster Scholl und der Gärtner Johann Falkenstein, sowie die Familie Pohlen. ......... Mehr Häuser standen zu dieser Zeit dort nicht. Wie bereits erwähnt hatte die Familie Lux die Familie Heden aus Aachen Unterschlupf angeboten und H. konnte sich an Tochter Inge gut erinnern. 

 

Auch über den Blindgänger, der das Gebäude von Karl Lux durchschlug konnte er sich gut erinnern. Neben dem Schweinestall ihres Hofes hatten sich die Amerikanischen GIs aber auch mit einer dicken Kanone eingegraben, und der Beschuss von Aachen bescherte ihnen durch die Wucht der Detanation beschädigte Dächer am ganzen Gebäude. 

Ein besonderes Ereignis war auch der Absturz eines Flugzeug am Heidkopf, mitten in einem Flur Jammerthal genannt. Der Pilot konnte sich mit dem Fallschirm retten und landete am Rande der Wiese Lennertz und Lorreng, am Rande der Flög. 

 

Um der Reihe nach über Frepert zu wandern stand nach dem Haus der Familien Lux die Schreinerei des August Havenith. In dem Haus wohnte Familie Falkenstein, der Vater war auch eingezogen worden. Hiernach kam das Haus Charlier, später ein Fahrradgeschäft und Tankstelle und kurz dahinter die Schreinerei Kistemann. Auf der Höhe war rechts der Hof Lennertz und links gegenüber das Haus (Otten). Etwas weiter stand rechts der Bauernhof mit Anbau von August Havenith-Kleynen. Neben der Landwirtschaft betrieb hier  August auch ein kleines Hotel "Frepert". Das Bruchsteinhaus kurz dahinter bewohnten die Familie Charlier und gegenüber die .... (Leo Kever). Unten im Tal, in der Heide, lag das Gut Heide, das der Familie Lennertz gehörte. Der älteste Sohn war sehr früh zu Kriegsbeginn kurz nach der Einberufung gefallen. Dort wo der Weg Heide auf die Straße Frepert mündet steht die Villa van Asten. Der Betrieb in Kettenis .... Gegenüber lag das alte Anwesen von Fritz Lorreng, auch mal eine Gaststätte im Nebenbetrieb. Heute ist das Gebäude abgerissen. Das Große Anwesen gegenüber bewohnte die Familie Bruch, die in Neu-Moresnet eine Filzmanufaktur unterhielt. Im Krieg wohnte hier ..... (Peek). Nebenan bestand eine kleine Sandgrube, die aber schon geschlossen war und wo der Gärtner Silvertant ein Haus erbaut hatte. 

 

Erneut gegenüber führt der Weg zur Villa Maegen, die während des Krieges von dem Kommissar Bohn bewohnt wurde. Nachher wohnten hier Passau und Maegen. Rechts von der Zufahrt steht das Häuschen von Nikolaus und Mariechen Kessel. Weiter auf der Anhöhe rechts finden wir die Villa der Familie Hagen, gegenüber das Haus (Huppertz) und etwas weiter die Villa Nellessen. 

 



Hauset Raeren

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