Maryanne Becker (geb. Hamel) ist eine Autorin, die ihre Wurzeln in dem kleinen Dorf Hauset hat, heute ein Ortsteil der ostbelgischen Gemeinde Raeren, eine der neun deutschsprachigen Gemeinden in Belgien. Sie ist den Hauseter Mitbürgern der Nachkriegsgeneration sicher noch in bleibender Erinnerung und für die heute in Berlin lebende Maryanne Becker bestehen auch jetzt noch viele Verbindungen in ihre frühere Heimat. Der jüngeren Generation ist sie vielleicht bekannt durch ihre Romane, von denen einige im Grenzecho-Verlag in Eupen erschienen sind.
Maryanne Becker, Jahrgang 1952, wurde in Raeren geboren und ist in Hauset in dem Weiler Flög aufgewachsen. Das Haus, in dem sie ihre Kindheit verbrachte, stellt insofern ein Kuriosum der Grenzziehung des Versailler Vertrags dar, als eine Wohnungstür nur von deutscher Seite zugänglich ist, die andere gegenüber jedoch nur von belgischer Seite. Die Staatsgrenze zwischen Belgien und Deutschland verlief also über die Haustürschwelle. Dies war in den turbulenten Zeiten nach dem Zweiten Weltkrieg mit Grenze, Schmuggel, Entbehrungen und Verwirrungen kein einfaches Umfeld für die dort lebenden Menschen. In einem Beitrag zum Heimatbuch Hauset Band 2 aus dem Jahre 2012 schildert Maryanne Becker einige Erlebnisse aus dieser Zeit und gerade wegen der Grenzkuriosität wurde Maryanne auch gelegentlich im WDR-Fernsehen zu den Besonderheiten befragt. Vom Haus ihrer Kindheit führt ein kleiner Fußweg, im Volksmund Kaiserallee genannt, zum deutsch-belgischen Grenzübergang Köpfchen bei Aachen, und dieser Weg bildet hier genau die Staatsgrenze. Kaiserallee soll der Fußweg deshalb heißen, vielleicht ist es auch nur eine Anekdote, weil der preußische Kronprinz Friedrich Wilhelm und spätere Kaiser des Deutschen Reiches, Friedrich III., bei einer Rast auf der Kutschenfahrt von Aachen nach Monschau im Jahre 1885 sich hier die Füße vertreten haben soll.
Maryanne besuchte kurze Zeit die Volksschule in Hauset und ging dann auf die weiterführende Schule in Eupen. Sie war danach als Fremdsprachensekretärin und Übersetzerin für Spanisch und Französisch tätig, meist in Aachen.
1976 zog es sie nach Berlin, sie machte dort ihr Abitur und absolvierte ein Studium an der Technischen Universität in Soziologie, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Politikwissenschaft und Lateinamerikanistik. Maryanne war u.a. in der Sozialforschung, als Dozentin an der Universität und in der Aus- und Weiterbildung bzw. Umschulung, sowie als Geschäftsführerin eines Verbandes der Jugendhilfe tätig.
Als ihre Söhne den Kinderschuhen entwachsen waren, begann ihr Werdegang als Autorin von Sachbüchern und Belletristik.
1999 erschien zunächst mit „Schattensprünge“ ein Lyrikband.
2003 folgte das Sachbuch Hörverlust und Identitätskrise, 2008 ein weiteres Sachbuch: Klänge aus dem Schneckenhaus.
Nach dem Tode ihrer Mutter im Jahr 1996 besuchte Maryanne Becker nicht mehr so häufig ihre alte Heimat. Nach der Veröffentlichung ihrer Romane im Grenz-Echo-Verlag führte der Weg sie wieder häufiger nach Hauset, wo sie u.a. im Kreativen Atelier Regenbogen ihre Bücher vorstellte.
Grenzlandfrau (2010), Fräulein Engel (2011) und Die Flickschneiderin (2012) handeln von Gegebenheiten, realen und fiktiven Ereignissen auf der Grundlage historischer Entwicklungen in Hauset und anderen Orten der Umgebung und beziehen sich auf die Zeit von 1914 an.
Ein weiteres Sachbuch, konkret ein Ratgeber mit dem Titel Der schwerhörige Patient, ein Leitfaden für Arztpraxis, Klinik und Pflege erschien im Jahr 2011
2016 folgte ein weiteres Sachbuch mit dem Titel Nach dem Sturm. Die Hypothek der Friedenskinder.
2017 erschien Die Baumwollfarmerin als zweiter Band der Rosenzweig-Saga (Den 1. Teil bildete Die Flickschneiderin). Hier geht es um die Lebensgeschichte der Ukrainerin Perla Rosenzweig, Großtante der Tochter der Flickschneiderin.
Diese Romanreihe rundete Maryanne Becker ab mit dem Buch Lea Rose, die Tochter der Flickschneiderin.
Zuletzt übernahm Maryanne Becker im Jahr 2020 in ehrenamtlicher Arbeit die Redaktion der Autobiografie eines anderen bekannten Hauseter Mitbürgers, nämlich von Pater Joseph Timmermann.
Mit ihm verband sie seit Kindertagen ein freundschaftliches Verhältnis. Als Schülerin führte stand sie in Briefkontakt mit dem als Missionar im Kongo tätigen Priester. Nach Jahrzehnten sporadischen Kontakts, entwickelte sich seit Timmermanns Aufenthalt im saarländischen St. Wendel ein intensiver Briefwechsel, oft mehrere E-Mails täglich. Wie es seine Art war, beauftragte er Maryanne Becker mit dem Ordnen seiner Aufzeichnungen und dem Redigieren seiner Texte mit dem Ziel, eine Biografie zu erstellen, deren Erlös ausschließlich dem Dorf-Archiv Hauset zugutekommen sollte. Er verstarb wenige Monate nach der Fertigstellung seiner Autobiografie.
Nicht unerwähnt lassen, möchten wir die Veröffentlichung zahlreicher Kurzgeschichten von Maryanne Becker in vielen Anthologien, die ihr bisheriges Schaffen abrunden.
Maryanne Becker lebt mit Ihrer Familie schon seit Jahrzehnten in Berlin-Spandau. In ihrer alten Heimat bringt sie sich hin und wieder in Erinnerung, sowohl durch die Besuche bei Freunden wie auch bei Autorenlesungen zu verschiedenen Anlässen. Insofern ist Maryanne Becker für das Dorf ihrer Kindheit, Hauset, nie verloren gegangen.