Gert Noel - ein Unternehmer mit Wurzeln in Hauset

Eine Firmengeschichte nach Angaben von Odette Noël und der Veröffentlichungen der Firma nmc

 

Die Vorfahren des Gert Noël

Gert Noël wurde am 16. Mai 1927 in Aachen geboren, als Sohn der Eheleute Joseph Noël und Isabella Blomen. Seine Eltern stammten beide aus Hauset. Vater Joseph Noël Joseph, geboren am 4.2.1897 in Hauset, heiratete am 5.5.1926 Isabella Blomen (geb. 21.2.1904) aus Hauset. Joseph war der jüngste Sohn von Michael Noël (geb. zu Elsenborn am 10. Juni 1859 - verstorben zu Hauset am 17. Juni 1929) und Anna Maria Schumacher (geb. zu Weywertz am 2. Februar 1858). Sie waren 1894 aus Elsenborn nach Hauset gekommen. Die Großeltern Michaël Noël und Anna Maria Schumacher hatten am 15. November 1882 geheiratet. Sie bewirtschafteten einen Bauernhof mit 27 Morgen Land (etwa 6 Hektar) in Elsenborn. Im Mai 1894 verpachteten sie das Gut in Elsenborn und pachteten nun ihrerseits das in Hauset gelegene Gut Prester. Auch der Vater von  Michael, Joseph Noël, begleiteten ihn trotz des hohen Alters nach Hauset.

 

Gut Prester hatte etwa die gleiche Größe wie der Besitz in Elsenborn und gehörte  Andrea von Grand Ry zu Eupen. Michael Noël mietete das Gut zunächst, später wird er es erwerben. Michaël Noël bewirtschaftete den kleinen Hof, auf dem zeitweise 11 Personen lebten, und arbeitete nebenbei noch als Telegraphen-Bediensteter für die Eisenbahn, die nur wenige Meter hinter dem Bauernhof auf Prester verlief. Im  Jahre  1902  verkauft  Michael  Noël  diesen  kleinen  Bauernhof  mit  drei  Morgen  Land  an  Mathjö  (Mathieu)  Wertz aus Walhorn und baut selbst, mit Hilfe des Maurers Nikolaus Pitz aus Walhorn und dessen Hilfsarbeiter Mathieu Opere, einen neuen größeren Bauernhof mit Bruchsteinen, die auf dem eigenen Gelände gewonnen wurden. Schon am 18. Juli 1903 zog man in diesen neuen Hof um.

Anmerkung: Der Bauernhof musste schließlich am 15. Februar 2005 der neuen Trasse des TGV weichen und wurde abgerissen.

Ebenfalls im Jahr 1903 verkaufte Paul Edler von Scheibler, wohnhaft in Walhorn, die Wiesen Bent (Pent), die unterhalb des Hofes Prester gelegen waren, an Michael Noël, insgesamt 9 Morgen.  Michael nahm die Belastung trotz des eigenen Neubaus auf sich. Am 7. August 1905 verstarb der Vater von Michael, Joseph Noël. Der Leichenwagen mit den Überresten des Verstorbenen musste über die Wiesen gezogen werden, denn es gab noch keinen befahrbaren Weg.  Michael Noël hatte insgesamt neun Kinder. Die beiden Geschwister Louise und Anna wurden beide Ordensschwestern. Tochter Katharina heiratete Karl Rausch aus Hergenrath, dortselbst Postangestellter. Am 2. August 1914 wurde der Erste Weltkrieg ausgerufen und der jüngste Sohn Joseph Noël wurde zur Kaiserlichen Armee einberufen, drei Monate geschult und dann an die Front geschickt. Joseph wurde verwundet, gesund gepflegt und wieder an die Front geschickt. Er wurde mit dem Eisernen Kreuz Zweiter Klasse ausgezeichnet. Am 12 Juni 1918 heiratete Johann Noël, ein weiterer Sohn von Michael Noël, Finchen Parmentier aus Herbesthal. Am 11. November 1918 trat der Waffenstillstand in Kraft, 24 junge Hauseter hatten ihr Leben gelassen, Joseph Noël kehrte gesund zurück.

Anmerkung: es waren am ende 38 Gefallenen Hauseter Kriegsteilnehmer.

 

Am 26 April 1919 heiratet Hubert, ein weiterer Bruder von Joseph Noël, Clara Ahn von Gut Thor in Astenet. Hubert und seine Frau übernahmen nun den Bauernhof vom Vater, während Joseph Noël mit seiner Schwester Maria nach Hauset umzog, in das Gebäude vor der Göhlbrücke an der Villa Bohlen, gegenüber der Fingerhutsmühle (heute Göhlstrasse). Schwester Elise (Lisa) schließlich heiratete Willy Kohler, einen Zahnarzt aus Aachen.

 

Durch den Versailler Vertrag kam die Gemeinde Hergenrath mit Hauset zu Belgien. Im Jahre 1922 trennt sich die  Gemeinde  Hauset  von  Hergenrath  und  Michael  Noël  wird  vom  Gemeinderat  zum  Bürgermeister  vorgeschlagen, von Gouverneur Baltia bestätigt und dann auch durch König Albert I. zum ersten Bürgermeister von Hauset ernannt.

 

Am 5. Mai 1926 heiratete sein Sohn Joseph Noël die Landwirtstochter Isabella Blomen aus Hauset. Vater Michael verstarb am 17. Juni 1929 und wurde mit großen Ehren beigesetzt. Seine Grabstätte  wurde von der Gemeinde zur Verfügung gestellt. Joseph Heutz, Erster Schöffe übernahm bis zur Wahl eines neuen Bürgermeisters die Amtsgeschäfte. Neuer Bürgermeister wurde Heinrich Havenith, dessen Bauernhof in der Stöck lag. Joseph Noël schloss seine Ausbildung als Buchhalter in einem Textilunternehmen in Aachen ab und  wechselte dann zu der Hauseter Wollspinnerei Bischoff & Bohlen, wo er recht schnell die Stufen der Karriereleiter erklomm und Geschäftsführer wurde. Nach der Auflösung des Betriebs zu Beginn der 50er Jahre arbeitete Joseph Noël als Direktor bei Geuckens in Eupen. Er übernimmt dann auf eigene Rechnung die in Konkurs geratene Textilfirma Küchenberg in Eupen-Hütte unter dem Namen „Filature Joseph Noël“, wo auch sein Sohn Hans-Joachim später tätig sein wird. In einer Partnerschaft mit den Kammgarnwerken D`Exaerde (Familie de Starcke), nimmt der Betrieb den Namen „Les Filatures Réunies“ (LFR) an.
N.B.: Yves, ein Sohn von Gert Noël, wird dort im Juli 1965 und 1966 als Ferienarbeiter tätig sein.'

Hans-Joachim arbeitete wie bereits erwähnt mit Vater Joseph in der familieneigenen Firma LFR. Ende der 60er Jahre verlässt Joseph Noël die Firma zu Gunsten seines Sohnes Hans-Joachim. Der Sohn versucht der kleinen Textilfirma einen neuen Aufschwung zu geben, jedoch leider in einer Zeit, wo die Textilbranche ganz aus Eupen verschwindet und man kann sagen, aus ganz Belgien. Im Jahre 1975 befindet sich das Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten, bedingt durch die enormen Preissteigerungen bei Rohstoffen, denn man befand sich mitten in der ersten Ölkrise 1973-1974. Inzwischen war nämlich die Kunststofffaser auf dem Vormarsch. Die Firma LFR wird zu diesem Zeitpunkt in die Firma Noël, Marquet & Cie integriert und Hans-Joachim verlässt das Unternehmen aufgrund von Meinungsverschiedenheiten mit seinem Bruder Gert. Er arbeitet von nun an für Herstellerfirmen von Textilmaschinen aus Belgien und der Schweiz und ist mit der Montage der Fabriken in Nordafrika und Russland beschäftigt. Seine erste Frau war die Apothekerin Elisabeth Reul aus Eupen, in zweiter Ehe war er verheiratet mit der ungarischen Adligen Gabriella Nemesz von Gisbeth. Sie lebten in der Schweiz. Hans-Joachim verstarb am 12.08.2004 und wurde am 18.8.2004 in Eupen beigestetzt. Nach der Übernahme der LFR durch Noël, Marquet & Cie überträgt Gert die Geschäftsführung der Kamm-garnwerke an Claude Descamps, einem Textilingenieur und ehemaligen Fallschirmjäger, der die Kammgarnwerke unter Begleitung von Gert abwickelt und gleichzeitig versucht, dem Unternehmen durch neue innovative Textilprodukte auch neue Impulse zu geben. Leider gelang dies nicht und Claude Descamps verlässt daraufhin das Unternehmen und ist noch anderen belgischen Textilunternehmen tätig. 
N.B.: Marc Noël, ein weiterer Sohn von Gert, hatte seine ersten Sporen in dem Unternehmen LFR in Zusammenarbeit mit Claude Descamps verdient.

 

1979 möchte er aber, auf eigenen Wunsch und mit der uneingeschränkten Unterstützung seines Vaters und seines Bruders Yves, in die USA gehen um dort neue Aktivitäten für NMC aufzubauen. Die  LFR  wird  schließlich  1982  liquidiert  durch  Integration  in  die  Nomadis  S.A.,  der  Auffanggesellschaft  von  NMC.

 

 

Die Jugendjahre des Gert Noël

 

Am 16. Mai 1927 wird Joseph Gerhard Maria Noël, genannt Gert Noël, in Aachen geboren. Er ist der ältere der vier Brüder, Karl-Heinz (geboren 1929), Hans-Joachim (geboren 1931) und Georg (geboren 1946). Gert besucht die Volksschule in Hauset und die Mittelschule in Aachen. Hierfür musste er jeden Tag drei Kilometer bis zur Grenze laufen, wo der Bus nach Aachen abfuhr. Er war 13 Jahre alt, als Hitler per Erlass im Jahre 1940 die Kantone Eupen-Malmedy erneut in das Deutsche Reich eingliederte.  Wie die meisten jungen Männer war er in der Hitlerjugend organisiert und brachte es dort zum „Jungstammführer“. 1944 wird er im Alter  von  17  Jahren  noch  zur  Wehrmacht  eingezogen  und  nach  einer  kurzen  Ausbildung  in  Radevormwald  an die Ostfront nach Polen geschickt, als Landser der Panzerdivision Großdeutschland. Auch hier zeichnet er  sich  durch  Tapferkeit  aus  und  bringt  es  nach  mehreren  Schlachten  zum  Unterleutnant,  dies  mit  18  Jahren, man kann sagen als Kanonenfutter.

 

Nach dem Zusammenbruch gerät er in englische Gefangenschaft, wird aber aufgrund seines jungen Alters zu seiner Familie zurückgeschickt. Er durchquert auf eigene Faust Deutschland, zu Fuß oder mit dem Zug, begleitet vom Wohlwollen der Alliierten, und erreicht schon bald die Grenze bei Hauset. Es war allerdings schwierig für ihn, nach Hauset zurück zu kehren, da er als Angehöriger der Wehrmacht wohl befürchten musste, verhaftet und eingekerkert zu werden. Er bleibt deshalb in Aachen bei der Familie Lövenich, Freunde seiner Eltern, und besucht diese nur von Zeit zu Zeit durch einen Marsch über die Grüne Grenze. Er besucht die Schule, das Kaiser Karl-Gymnasium und absolviert ein „Kriegsabitur“, ein Abschluss der unter schwierigsten Bedingungen in der zerbombten Kaiserstadt erarbeitet wurde, mit Lehrern die diese Bombardierungen überlebt hatten und Schülern die durch den Krieg traumatisiert waren.

 

Da sein zu Hause nunmehr wieder in Belgien lag, musste Gert erfahren, dass sein Abitur von den belgischen Behörden nicht anerkannt wurde. Er, der so gerne Philosophie studiert hätte, oder vielleicht gerne Erzieher oder Professor geworden wäre, konnte deshalb seine Studien nicht in Belgien fortführen, das Land war noch wenig offen gegenüber den „wiedergewonnenen“ Belgiern. Mit Hilfe der Verbindungen seines Vaters, war es Gert nun möglich eine Ausbildung durch Praxis zu erwerben. So  arbeitete  er  zunächst  als  Arbeiter  in  dem  Futtermittelhandel  Guérin  in  Wandre,  wo  er  insbesondere  die  französische Sprache erlernte. Danach arbeitete er in dem Textilbetrieb Jeukens auf der Hütte in Eupen als „Textilvolontär“, wie er zu sagen pflegte, weil er recht wenig verdiente. Vor dem Kriege hatte es ja noch eine blühende Textilindustrie in Eupen und Verviers gegeben. Diese Industrie hatte es seinem Vater ermöglicht, dem Bauerndasein zu entfliehen. Darum war es umso natürlicher das Gert, voll durchdrungen von dieser Textilkultur, seine erste Schritte gerade in diesem Industriezweig unternommen hatte.

 

Im Jahre 1949, er war gerade mit Odette Ahn verlobt, arbeitete er als Vertreter für seinen Schwiegervater in spe und verkaufte Wolldecken, Spültücher und andere Haustextilien lokaler Hersteller. Sein Personal, das den Textilien durch das Anbringen von Etiketten und anderen Merkmalen einen gewissen Mehrwert verlieh, bestand aus seiner Mutter, seinen Tanten und seiner Kusine Annemie Blomen. Gert verkaufte die Textilien in der Lütticher Gegend, wo er ja einige Jahre seiner Lehrzeit verbracht hatte. 1948 hatte Gert wie bereits erwähnt Odette Ahn kennengelernt, ihre Eltern stammten aus Chimay im Hennegau und wohnten jetzt in Hauset, Grossebusch. Odettes Vater Joseph Ahn war Eigentümer und Direktor eines Textilbetriebs in Herbesthal, „La Lainière de l`Est“. Er verkaufte Decken in ganz Belgien, leider ging der Betrieb 1949 in Konkurs. Gert importierte dann verschiedene Produkte aus Deutschland, wo eine neu aufstrebende Industrie Absatzmärkte im Ausland und insbesondere in Belgien suchte. So kaufte er zum Beispiel Schaumstoffblöcke der Firma Collo Chemie aus Hersel bei Bornheim in der Nähe von Bonn, einem Kunden von Bayer in Leverkusen. Gert erhielt finanzielle Starthilfen bei Familien in Hauset und Eynatten, später auch in Eupen, die auch die ersten Darlehensgeber und Aktionäre waren. Es war ein offenes Geheimnis, dass einige Gelder wohl aus den Erträgen des Schmuggels von Kaffee und Tabak kamen. Wie dem auch sei, die Schaumstoffblöcke wurden in kleine Schwämme geschnitten. Die Scheuerschwämme der Marke Atomocoll waren ein Produkt der Firma Collo. Sie wurden in Hauset in der Schreinerei Kistemann geschnitten. Das erste Produkt eigener Herstellung von Gert war geboren. Er engagiert die ersten Mitarbeiter, Willy Timmermann, der 2010 verstarb und Alain Marquet.

 

Die Gründung von Noël, Marquet et Cie.

1950 heiratet Gert Noël seine Verlobte Odette Ahn und ihre Hochzeitsreise führt sie nach Bayern und in die Schweiz. Bei ihrer Rückkehr stellen sie mit Entsetzen fest, dass die ganzen Bestände verschwunden sind und die Kunden ihre Verbindlichkeiten alle an Alain Marquet in bar bezahlt haben. Alain hatte sich als Schwindler entpuppt und war von der Bildfläche verschwunden. Sein Vater Raymond Marquet, er war Direktor der Banque de Bruxelles in Spa, war der erste der Gert nun half, wieder zu Kräften zu kommen.  Er gründete mit ihm die Firma Noël, Marquet & Cie, und zwar am 10. November 1950. Die Gründungsgesellschafter waren Gert Noël, Odette Ahn-Noël und Raymond Marquet.

 

Zu dieser Zeit war die Firma angesiedelt im Großenbusch in Hauset, wo man die Garage von Odettes Eltern gemietet hatte. Auch einige Maschinen in der Schreinerei Kistemann gehörten dazu, sowie weitere Räume bei Freunden und Nachbarn. So nahm die Firma doch eine günstige Entwicklung und Noël, Marquet & Cie mietete nun neue Räume bei Herrn Pesch am Marktplatz in Eupen (heute, 2010, ist dort die Tourismuszentrale). Nach und nach wird ein wirkliches Mitarbeiterteam eingestellt, Odette übernahm die Verantwortung für die Verwaltung, die Buchhaltung und das Personalwesen für Verkäufer, Lagerarbeiter und Arbeiter. Das Werksgründung in Eupen an der Hochstrasse. Im Jahr 1957 erwirbt die Gesellschaft ein Grundstück an der Hochstraße in Eupen und errichtet dort ein neues Gebäude von 1000qm, mit Hilfe eines Kredits bei der SNCI, der Nationalen Investitionsgesellschaft. Gebaut wurde die Industrieanlage durch den Unternehmer Bauens aus Hergenrath. Das Gebäude umfasste 5 Büroräume und etwa 900 qm für Lagerräume und Fertigungswerkstätten. Erst später wurde von einigen Arbeitern ein Kriechkeller ausgegraben, unter diesen Arbeitern waren Willy Wollenweber, der Ehemann von Annemie Blomen, und Willy Dürnholz. Selbst Sohn Yves half hin und wieder mit. So schafften die beiden zwischen 1959 und 1961 weitere 1000qm Lagerkapazität.

 

Inzwischen war der junge Unternehmer dreißig Jahre alt, durchquert ganz Belgien um zu verkaufen und ganz Deutschland  um  einzukaufen.  Er  besorgt  sich  Exclusiv-Vertriebsrechte  von  Werner  &  Mertz  aus  Mainz,  für  Produkte wie Glänzer, Rexin, Emsal und erhielt auch die Exclusivvertretung für Vileda von der Firma Freudenberg aus Weinheim sowie von orthopädischen Produkten der Firma Rathgeber aus Heilbronn. Mit einer Vertretermannschaft, die ganz Belgien abdeckte, zählten bald alle Drogerien, Großhändler und Fußpfleger/Orthopäden in Belgien die Firma Noël, Marquet & Cie zu ihren Lieferanten. Gert Noël  strukturiert nun sein Unternehmen, setzt verantwortliche leitende Angestellte ein, sowohl für Produktion, Lager, Buchhaltung aber auch  für  die  verschiedenen  Bereiche  des  Vertriebs.  Die  wöchentlichen  Informationsbriefe  an  die  Vertretermannschaft,  welche  unter  dem  Titel  „Transit  d`union“  verfasst  wurden,  sind  heute  noch  im  Firmenarchiv  von  NMC erhalten geblieben. Im  Jahre  1960  beträgt  der  Umsatz  des  Unternehmens  35.000.000  belg.  Franken.  Im  gleichen  Jahr  wendet  sich der Firmengründer an seinen Lieferanten Werner & Merz zwecks Finanzierung seines großen Wachstums. Einige der Gründungsgesellschafter werden bei dieser Gelegenheit ausbezahlt. Das Geschäftsmodell wie man heute sagen würde, nämlich hochwertige deutsche Markenprodukte in Belgien zu vertreiben, bestätigt sich von Jahr zu Jahr mehr, trotz aller Schwierigkeiten wie zum Beispiel der Stärke der Deutschen  Mark,  der  Wertverlust  des  belgischen  Franken,  die  Korea-Krise  oder  auch  die  Kongo-Krise  und  die Generalstreiks in Belgien. Darüber hinaus kannte die Firma natürlich auch ihre kleinen Malheurchen und Erfolge: die Anstellung neuer Mitarbeiter, neue Gebäude in Eupen 1962 (1400qm) und 1966 (1200qm). Im Jahre 1962 wurde die erste Filiale in Frankreich eröffnet und zwar in Fourmies (Région Nord), nicht allzuweit von Odettes Eltern- und Geburtshaus in Momignies. Diese Filiale wurde zunächst gemeinsam mit der Collo  GmbH  gegründet,  und  später  mit  der  Freudenberg  GmbH  fortgeführt.  Hier  baute  man  jetzt  ähnliche  Industrieaktivitäten aus wie in Eupen (das Schneiden von Schwämmen, die Distribution von Collo- und von Vileda-Markenprodukten).  Nur  die  Produkte  von  Werner  &  Mertz,  die  bereits  in  Frankreich  vertreten  waren,  wurden nicht über die neue Filiale vertrieben. Hier kam auch zum ersten Mal das Kürzel NMC in Gebrauch, die Firma hieß nämlich NMC France.

 

1968 wird erstmals eine wirklich industrielle Aktivität entfaltet durch die Produktion von Mineralschäumen der Marke Eupon. Diese Initiative war leider nicht erfolgreich, aber durch sie wurden andere  Projekte initiiert, so zum Beispiel die Produktion von Isolations-Ummantelungen aus Polyurethane (Isotube), in Lizenz von Reuter Chemie (in 1969), und Filterkassetten (NMC filtration), wieder in Kollaboration mit Freudenberg (in 1972). Noch immer ist bei Gert der Gedanke dominierend, sich mit einem phantastischen Team zu umgeben. Schon 1972 gründet man die deutsche Filiale, hatte man doch bisher nur nach Deutschland exportiert, NMC Deutschland und zwar für den Verkauf von Styropor Dekorationen. Diese wurden auf handwerkliche Art und Weise  von  einem  Fabrikanten  in  Grace-Hologne  verarbeitet,  Herrn  Kempeneers,  in  dessen  Firma  Plastico-plack. Die Firma NMC France, dessen Direktor Jacques Jaluzot bereits das Vermarktungspotential von Zierprofilen („Moulures“) identifiziert hatte, stellte den Kontakt zu Kempeneers her. Gert Noël hingegen erkannte sehr schnell dass man diese Zierprofile als Extrudate auch viel wirtschaftlicher herstellen konnte und er umgab sich mit einem Team von Technikern, die er gleichzeitig formte und weiterbildete.  Nun begann er eine Kooperation mit einem Hersteller von Extrusionsmaschinen aus Italien, Roberto Colombo von der LMP in Turin und auch mit der Firma BASF in Ludwigshafen 1976 begann der Aufbau der firmeneigenen patentierten Produktionsaktivitäten mit dem Anlauf der Produktion von  Extrudaten  nach  einem  neuen,  nmc-eigenen  Verfahren.  Das  industrielle  Zeitalter  hatte  begonnen  und  auch hier hatte Gert als Erfinder wieder die Nase vorn. Inzwischen wurden die Exportmärkte europaweit auf 11 Länder ausgebaut. Im Jahr danach bringt nmc ein weiteres Extrusionsprodukt auf den Markt, climatube, eine flexible Rohrisolierung aus extrudiertem Polyäthelenschaum.

 

Gert Noël gründet auch die „Stiftung Gert Noël“, eine Beteiligungs-Gesellschaft o.E., mit dem Ziel, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beim Übergang in das 3. Lebensalter ein zusätzliches Renteneinkommen zu sichern. 1979 gründet man in Ansonia, CT (USA) eine Tochtergesellschaft unter der Führung seines Sohnes Marc, die nomaco inc., zur Produktion von climatube-Rohrisolierungen für den amerikanischen und kanadischen Markt. So geht die Expansion ungebremst weiter, so zum Beispiel auch in England und Wales, wo unter der Leitung seines Sohnes Yves, eine weitere Produktionsstätte aufgebaut wird. Der Umsatz des Unternehmens überschreitet im Jahre 1980 die Grenze von 1 Milliarde BEF (etwa 25 mio Euro). Die Mitarbeiterzahl liegt inzwischen bei 450. Die nmc-Markenprodukte behaupten in vielen Ländern ihre führende Marktposition. 

 

 

1982 werden die Haushaltswaren in die neugegründete Firma nomadis s.a. integriert. Es war aber vor allen Dingen das Jahr in dem Gert Noël sich aus der täglichen, operativen Geschäftsführung zurückzog und diese seinem Sohn  Yves  übertrug.  Yves  Noël  sagte  in  einem  Interview  gegenüber  der  Tageszeitung  Grenz  Echo  später  einmal, dass  es  die  Vision  seines  Vaters  gewesen  wäre  ein  bedeutendes  Unternehmen  zu  besitzen,  dass  mit innovativen Produkten und Verfahren einer großen Zahl von Mitarbeitern einen langfristigen Arbeitsplatz sichern sollte. Diese  Vision war in Erfüllung gegangen und nun stand Gert Noël als Verwaltungsratsvorsitzender seinen Söhnen aber stets beratend zur Verfügung. Seine Stärke war es immer gewesen, rechtzeitig loszulassen und zu delegieren. Dies geschah auf allen Ebenen des Unternehmens und auch gegenüber seinen Söhnen.

 

Während Yves Noël das Unternehmen in Belgien leitete, war Sohn Marc Noël in die USA gegangen. 

 

Die neue Ära: NMC in Eynatten (Raeren)

Im Jahr 1983 erwirbt Noël, Marquet & Cie auf Rovert in Eynatten (Gemeinde Raeren) ein 18 ha großes Industriegelände mit einer Halle von 7500 qm.  Die gesamte Produktion von extrudierten Rohrisolierungen wird von Eupen nach Eynatten verlagert. In den folgenden Jahren werden vier weitere Industriegebäude in Eynatten errichtet, welche am 22. April 1987 ihrer Bestimmung übergeben wurden. Auch Josef Noël, der Vater von Gert Noël durfte diesen großen Augenblick in der Firmengeschichte noch miterleben. Man beschäftige in Eynatten 110 Mitarbeiter, wobei weitere 132 Mitarbeiter in Eupen tätig waren. Unterdessen  wurden  neue  Produktionsstätten  in  Griechenland,  Italien  und  Schweden  gegründet.  Auch  die  nomaco inc. in den USA erweiterte die Produktions- und Lagerkapazitäten.

 

In  1987  traf  man  die  Entscheidung  den  Firmennamen  Noël,  Marquet  und  Cie  SA  in  NMC  SA  abzuändern.  Unter  dieser  Bezeichnung  waren  nicht  nur  die  Markenprodukte  bekannt,  sondern  auch  der  internationale  Bekanntheitsgrad der Gruppe schlechthin geläufig. Die Firmengruppe wurde neu strukturiert und man führte die  Vertriebs-  und  Produktionsaktivitäten  nun  in  drei  Untergruppen  zusammen:  die  Division  Isolation  unter  nmc-kenmore; die Division Decoration unter nmc-decoration und die Division Filtration, die an nomadis s.a. abgetreten wurde. NMC funktionierte fortan als zentrale Holdinggesellschaft. Die Gruppe erzielte in diesem Jahr der Umstrukturierung einen Umsatz von 2,475 Milliarden Franken (etwas mehr als 60 Millionen Euro).Im nächsten Jahr folgte der Bau eines neuen Produktionswerkes in Zebulon, North Carolina (USA), wohin die amerikanischen  Aktivitäten  verlagert  wurden.  Auch  erwarb  man  die  Division  „Frelen“  von  Freudenberg  und  integrierte diese in die nmc-kenmore Gruppe. In der Produktion wollte man auch weiterhin Vorreiter sein und begann mit der Umstellung auf FCKW-freie Produktionsverfahren.

 

Im  Jahre  1989  leitete  der  Verwaltungsrat  unter  Gert  Noël  und  dem  Vorstandsvorsitzenden  Yves  Noël  eine  weitere, tiefgreifenden Veränderung ein, nämlich die Übertragung der Mehrheitsbeteiligung an nmc of north america, inc. an seinen Sohn Marc Noël. Höhepunkt des Jahres war aber der Besuch Seiner Majestät König Baudouin bei NMC in Raeren am 28. Juni 1989. Bedingt durch die Öffnung der Märkte in Osteuropa konnte die Firmengruppe ihre Umsätze enorm ausweiten. 1991 erreicht man trotz der Ausgliederung der US-Aktivitäten, einen Umsatz von 4,2 Milliarden BEF (etwas mehr als 100 Millionen Euro) und beschäftigt 722 Mitarbeiter. Der Abschied von seinem Lebenswerk 1992 trat Gert Noël noch einmal ins Rampenlicht, diesmal um auch seinen Rücktritt als Verwaltungsratsvorsitzender bekannt zu geben. Am Tag vor seinem 65. Geburtstag, am 15. Mai 1992 übergibt er das Amt als Vorsitzender des NMC-Verwaltungsrates seinem Sohn Yves Noël. Mit Gert gibt auch seine Frau Odette Noël ihr Mandat im Verwaltungsrat ab. In der firmeninternen Zeitschrift „nmc live“ wie auch in der Tageszeitung Grenz-Echo  sprach  man  von  dem  Ende  einer  Ära.  Gert  Noël  und  seine  Frau  verabschieden  sich  nach  42  Jahren Arbeit  und übergeben die Verantwortung für das Unternehmen der zweiten Generation.

 

In einem offenen Brief bedankt sich Gert bei allen Mitarbeitern für die harmonische und einsatzfreudige Zusammenarbeit, er bedankt sich bei Kunden, Lieferanten und Banken, bei seinen Aktionären und „... bei unserem Herrgott ... von ihm erbitten wir für uns einen schönen Lebensabend.“  Er, der Gründer, blickt auf eine begeisternde und erfolgreiche Firmengeschichte zurück. Er legte den Grundstein für ein Unternehmen, welches international Marktgeltung genießt und fast 800 Mitarbeitern einen soliden und zukunftsträchtigen Arbeitsplatz bietet. Schon von Beginn an hatte er diese Vision von einem bedeutenden Unternehmen. Gert Noël hatte seinen Lebenstraum vollendet. Er  wäre  aber  nicht  der Erfinder,  hätte  er  nicht  zu  Beginn  in den  90er Jahren eine weitere  Erfindung  verwirklicht und  vermarktet,  nämlich  den  Korken   aus   Kunststoff,   der   zunächst  in  den  USA,  dann  aber auch in einem Werk von Marc Noël in Thimister gefertigt wurde. Odette Noël sagte einmal,  dass  in  der  Zeit  von  damals bis heute wohl 44 Milliarden Korken der Marke nomacorc gefertig wurden. Es lag nun an seinem Sohn Yves Noël, den Umzug von Eupen nach Eynatten vollständig zu vollziehen. Zwar ging dem Vorhaben eine Rationalisierung voraus, in Eynatten sollten mehrere Unternehmen der Gruppe zusammengeführt werden, wobei nomadis s.a. weiterhin in Eupen verblieb. Insgesamt ging jedoch der Umzug ohne Verlust von Arbeitsplätzen über die Bühne. Alle belgischen Aktivitäten waren nun im Werk in Raeren zentralisiert, ein Schritt der 1994 vollzogen war.

 

Gert Noël meldete sich noch einmal in der Presse zu Wort und zwar in einem Interview des Grenz-Echo vom 3. Dezember 1996. Das Grenz-Echo schrieb damals „...Unternehmer, Kandidat bei Parlamentswahlen, Präsident des Eupener Tennisklubs, Aufsichtsratsmitglied des Arbeitgeberverbands Eupen-Malmedy-Sankt Vith und bei der  IHK,  ...  Gert  Noël  hat  im  öffentlichen  Leben  Ostbelgiens  eine  bedeutende  Rolle  gespielt.  Der  heute  69  jährige pensionierte Rentner lebt in Hauset, verheiratet, Vater von vier Kindern und dreizehn Enkelkindern“.  Bei NMC, so sagte Gert Noël im Interview, spiele ich keine Rolle mehr. In seinem Leben hatte Gert Noël viele Mandate ausgefüllt, als seine Frau ihn einmal bat diese durchzuzählen kam er auf stolze 44 Mandate. „Er hat sie alle gut ausgefüllt, denn Gert liebte das Leben und er liebte die Menschen“ sagte Odette Noël. Zwei Jahre später, am 10. November 1998 starb Gert Noël in seinem Feriendomizil auf Ibiza. Eine Krebskrankheit hatte ihn heimgesucht, aber er hatte auch diese Herausforderung angenommen und blieb sich selbst treu: ein Kämpfer, in weisem, menschenfreundlichen Optimismus bis zuletzt. So stand es im Nachruf seines Unternehmens zu lesen. Die Todesanzeige seiner Familie zierte ein Satz des Philosophen Teilhard de Chardin, den er bis zuletzt eifrig gelesen hatte:„Ich sehe immer nur den einen Ausweg: immer weiter voranschreiten und immer mehr glauben.Der Herr erhalte mir meine Leidenschaft für die Welt und eine große Sanftmut und helfe mir,bis zuletzt ein ganzer Mensch zu sein.“  Pierre Teilhard de Chardin                                                                                                                             


Gert Noël und das soziale Engagament: Scheckübergabe an Freddy Nijns vom belgischen Roten Kreuz.

 

Nachruf von Freddy Derwahl (BRF) im Grenz-Echo vom 12.11.1998

Wenn  in  den  letzten  Jahren  Freunde  und  alte  Weggefährten  Gert  Noël  in  seinem  Feriendomizil  auf  Ibiza  besuchten,  vertraute er ihnen manchmal an, dass er sich wünsche, hier in dem alten Herrenhaus zwischen Gebirge und Mittelmeer, zwischen Orangen- und Zitronenbäumen, umgeben von Bücherkisten und lässigen Kunstwerken zu sterben. Doch ließ er selbst, als ihn eine tückische Krankheit in die Defensive drängte, keinen Zweifel daran, dass dafür der Zeitpunkt des Todes noch nicht gekommen sei. In hartnäckiger Gelassenheit nahm der alte Kämpfer auch diese Herausforderungen an, ertrotz-te sich erstaunliche Besserungen und ließ sich von den unvermeidlich gewordenen Rückschlägen nicht entmutigen. Vor knapp vier [ahren hatte er sich als Ehrenvorsitzender des NMC-Verwaltungsrates endgültig von seinen weltweit rund 1200 Mitarbeitern verabschiedet. Seitdem pendelte er zwischen der alten Heimat Hauset und der Mittelmeerinsel als kreativer Unruheständler hin und her. Besucher staunten, ihn nicht klagend auf dem Krankenbett, sondern gierig lesend, schreibend und an Erfindungen tüftelnd an seinem Schreibtisch zu entdecken. Seine letzte Kreation: ein Korken für Weinflaschen, Symbol und Zeichen seiner alten Leidenschaft, die Tücken der Technik dem Menschen und seiner Kultur dienstbar zu machen, statt ihn in seelenlose Abhängigkeiten zu treiben. Als ihn rastlose Reporter in den goldenen sechziger Jahren einmal nach seinem damaligen Lieblingsautor fragten, wussten sie, mit seiner Antwort „Teilhard de Chardin“ nichts anzufangen. Doch er hatte es, wie immer, ernst gemeint und sich in die schwierige-Schöpfungstheologie des nach China verbannten Jesuiten vertieft, der genial und visionär zugleich „Materie“ und „Geist“ zu versöhnen versuchte. Worüber Gert Noël jedoch schwieg, war - so wie bei dem hochdekorierten Sanitäter Teilhard in den Schützengräben von Verdun -, das auch ihn  lebenslänglich  prägende  Fronterlebnis,  dem  er  sich,  jenem  tückischen  ostbelgischen  Jahrgang  1927  entstammend,  als blutjunger Rekrut im mörderischen deutschen Osten ausgesetzt hatte. Da war ja nicht nur die erschreckende Konfrontation vermeintlichen Heldentums mit Blut und Tod, sondern auch der so schwer heilende Zusammenbruch „nationalen Glaubens“. Deutsch war seitdem nur noch seine Sprache, die sich auf die mitunter demütigende Suche nach Heimat auf-machte. Über das Lütticher Kohlerevier und dem am Aachener Realgymnasium nachgeholten Abitur, kam er zunächst zu einem Futterhändler nach Wandre um Französisch zu lernen. Bald tingelte er mit dem Fahrrad über Land und handelte mit Wolldecken und Bimstein-Schwämme der Marke »Atomocoll«. In der alten Hauseter Schreinerei und einem Hinterhof auf dem Eupener Marktplatz befanden sich seine ersten Werkstätten. Willy Timmermann, einer seiner ersten Mitarbeiter erinnert sich und betont zugleich, was unterdessen Tausende andere Kollegen mit feuchten Augen bestätigen: „Er vermittelte uns den Glauben in eine Sache...“. Seit der Gründung von Noël, Marquet & Co. 1950 begann dieser Glaube zunehmend Berge  zu  versetzen.  Zusammen  mit  unternehmerischen  deutschen  Partnern  wagte  er  sich  an  den  Vertrieb  neuartiger  Haushaltsprodukte, Glänzer, Tuba oder Rexin, die er exklusiv in Belgien und Luxemburg anbot. Der erste Jahresumsatz:850000 Franken; 1960 waren es schon 36 Millionen; inzwischen hat es seine nach Frankreich, Deutschland, Großbritan-nien, Italien, Schweden und den USA expandierende NMC-Gruppe auf sechs Milliarden gebracht. An der Eupener Hoch-straße  entstand  unterdessen  parallel  zur  Vermarktung  ein  Produktionsunternehmen  synthetischer  Schaumstoffe,  deren  Erfindung und Erforschung er vorantrieb. Helmut Pieper, Geschäftsführer der 1982 gegründeten NMC-Handelszentrale »Nomadis«: »Das war seine große Stärke, er forderte und förderte«. Ein begeisternder Antreiber, ein Chef mit Herz und Verstand, der lange Jahre auf Gewerkschaften verzichten konnte, weil er den Funktionären mit seinen Vorstellungen von Mitverantwortung, Mitbestimmung und Beteiligung in nichts nachstand. Noël, der bereits 55jährig begann, die Führung der Gruppe an seine Söhne Yves und Marc zu delegieren und sich 1994 nach dem Königsbesuch in der neuen, 350 Mitarbei-ter beschäftigenden Zentrale in Raeren-Eynatten ganz ins Private zurückzog, hatte sich zuvor in ein riskantes politisches Abenteuer  gewagt.  Als  deutschsprachiger  Kandidat  der  PFF  trat  er  im  März  1968  gegen  den  CSP-Abgeordneten  Willy    Schyns  an  und  verfehlte  den  Einzug  in  die  Kammer  nur  knapp.  Den  ihm  schließlich  angebotenen  Senatssitz  schlug  er  allerdings aus. Sein Einsatz in dieser beispiellosen Materialschlacht bewirkte jedenfalls das definitive Ende der devoten ostbelgischen Nachkriegszeit und öffnete weit die Türen für den bald beginnenden Aufbruch in die Autonomie. Die Wei-chen waren neu gestellt. Das Engagement Noëls wandte sich bald in kulturelle, gesellschaftliche und sportliche Bereiche: Präsident etwa des Kg!. Tennis-Clubs Eupen oder der Alliance vom Kehrweg, die er ohne viel Aufhebens in eine „Allgemei-ne Sportvereinigung“ umtaufte. Präsident auch der Caterina-von-Siena-Bewegung, wo seine Reden über die dynamische Mischung von Aktion und Kontemplation aufhorchen ließen. Da wie dort wurde allerdings etwas viel Wichtigeres greifbar: seine Treue als Freund, die er ohne Wenn und Aber Hans Wintgens oder Kurt Ortmann zukommen ließ. Das waren mitreißende  Freundschaften  starker  Männer,  wobei  er  weniger  als  der  Macher  auftrat,  sondern  als  eine  Art  philosophisch  angehauchte  Instanz,  die  selbst  in  den  Wechselstunden  langer  Nächte,  umnebelt  von  Zigaretten  und  Alkohol,  wie  ein  brodelnder Vulkan, seinen kaum noch folgenden Gästen die Monologe unermüdlicher Weltverbesserung verkündete. Da konnte es passieren, dass sich die Höfe von Hauset plötzlich mit Marktchancen in München oder New York kreuzten, dass er, statt über Bilanzen zu fachsimpeln, aus Joseph Pontens „Siebenquellen“ zitierte oder dass sich der rastlose Wanderer zwischen den Welten die mittelalterliche Analphabetin Caterina-von-Siena als ein Modell neuen Papsttums vorzustellen wagte. Das gewellte Haar in unternehmerischen Strähnen, die Stirn kraus als werde die Welt noch heute neu geschaffen, aber die fordernden Augen ganz groß und leuchtend, schlaflos, voller Tatendrang: So schön war doch das Leben.

 

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