Hauset - versteckt im Grünen
Die Geschichte
Im 18. Jhd., zur Zeit der Habsburger unter Kaiserin Maria Theresia, war Hauset, wie in den Zeiten davor, ein Quartier der Bank Walhorn im Herzogtum Limburg. Dieses gehörte in Personalunion zum Herzogtum Brabant. Der Ort wird jedoch wesentlich früher bereits in den Lehnsregister des Marienstifts zu Aachen erwähnt, zumindest gibt es 1266 und 1271 erste Hinweise und Zeugnisse. Das Herzogtum Limburg, welches um 1020 zunächst als Grafschaft entstanden war und zu dem die Bank Walhorn gehörte, kam 1288 nach der Schlacht von Worringen an Brabant. Hauset war sicher schon 1439 Bestandteil des Herzogtums Limburg, dessen Grenze zum Aachener Reich 1611 durch den Landgraben festgelegt wurde.
In der Franzosenzeit unter Kaiser Napoleon gehörte Hauset zur Bürgermeisterei (Mairie) Hergenrath. Dies blieb auch nach dem Wiener Kongress in der Preußenzeit im 19. Jahrhunderts so. Hergenrath und Hauset bildeten im Kreis Eupen eine Gemeinde, zuletzt im Regierungsbezirk Aachen und in der Rheinprovinz des Königreichs Preußen. Nach dem Versailler Vertrag wurde Hauset 1922 eigenständige Gemeinde in der Provinz Lüttich des Königreichs Belgien. Erster Bürgermeister war Michael Noël. Erst 1977 ging Hauset als Ortsteil der neuen Gemeinde Raeren in dieser auf. Raeren ist eine der neun Gemeinden des deutschen Sprachgebiets in Belgien. Heute liegt die Gemeindeaufsicht in Händen der Deutschsprachigen Gemeinschaft - Ostbelgien.
Die Landschaft
Hauset, den Ort am südlichen Ausläufer des Aachener Waldes, konnte man in früheren Zeiten von Aachen aus quer durch den Aachener Wald von Ronheide bis zu den Neunzig Morgen erreichen, oder über die Landstraße die nach Süden führte, dem Eupener Weg. Von Lizenshäuschen ging es über diesen Weg in zahlreichen Windungen bis auf die Anhöhe des Waldes bei Köpfchen hinweg. „Wo ist denn Hauset?“ fragte deshalb ein wandernder Reporter im „Echo der Gegenwart“ aus Aachen im Januar 1861. Er beschreibt wie er nach der Anhöhe und einer erneuten Steigung in einen bebauten Weg abbog, der ihn in eine „feenhafte Gegend“ führte. Der Blick schweifte von einem Tal rechts von ihm, dem heutigen Weiler Flög am Rande des Aachener Waldes, und über ein weites Tal vor ihm, auf den kühnen Geul-Viadukt bis weit hinein in das benachbarte Belgien, dessen Häuser in Henri-Chapelle in der Sonne glänzten. Der Blick über dieses Tal mit Ortschaften und einzelnen Gehöften, bringt „in dieses Gemälde Leben und Abwechselung“. Aber immer noch sucht der Wanderer Hauset, bis er bergab gehend plötzlich vor drei neuen Gebäuden steht, der Schule, der Kirche mit ihrem Türmchen als Giebelreiter und dem Pfarrhaus. Der Wanderer stand mitten im neuen Dorfkern, mit acht bis zehn Gebäuden auf Abstand um ihn herum. Der neue Ortskern war gerade unter Ortsbürgermeister Johann Egidius Bischoff errichtet worden oder befand sich noch im Bau. Der Weg führt weiter bergab zum Geulbach, wo er links abbiegend die beiden alten Mühlen entdeckte, zunächst die Follmühle und etwas weiter die Fingerhutsmühle. Er erfährt, dass er sich an der „wenigen bekannten Wiege des Hauses Nellessen, des gegenwärtig größten Handelshauses von Aachen“ befindet. Der Reporter setzt seinen Weg fort und gelangt nach einer weiteren Steigung in den alten Dorfkern, „éjen Dörp“ genannt, mit der kleinen Kapelle, damals wohl nicht in gutem Zustand, sowie einem halben Dutzend Gehöften. Abschließend bemerkt der Wanderer noch, dass man von der Kapelle entweder den Fahrweg einschlagen kann, der einen in 20 Minuten über die Anhöhe „An den Windmühlen“ nach Eynatten bringt oder den geradeaus zum Geul-Viadukt hinabsteigt und vielleicht entlang der Geul weiter geht um die dahinterliegende Emmaburg zu besuchen.
Es lohnt sich den Schlusskommentar wiederzugeben, den der Reporter vom Besten gab, denn sein Fazit beschreibt wohl, was auch heute noch, hundertfünfzig Jahre später, den Reiz des Dorfes ausmacht und warum es sich immer lohnt, Hauset zu durchwandern: „So bleibt der Eindruck, der uns beim Betreten dieser Landschaft befiel, fortwährend derselbe: Tiefer genügsamer Friede, oder je nach mitgebrachter Stimmung des Herzens, stille Melancholie scheint darüber ausgegossen zu sein. Uns wehte bei unserer Wanderung ersterer wohltuend an und kam uns am Ende die ganze Gegend wie ein großes Saatfeld vor, in das die Hand eines himmlischen Sämanns die vereinzelten Menschenwohnungen wie Saatkörner ausgestreut habe. Die Vereinsamung der Häuser … ist in der Kultur des Bodens gelegen, denn Wiesenbau ist die Regel und die Wohnungen (Gehöfte) liegen in unmittelbarer Nähe der eingefriedigten Wiesen.“
Heute, mehr als 150 Jahre später, sieht die Landschaft natürlich anders aus, aber der Charme ist geblieben. Zählte Hauset 1861 etwa 600 Einwohner (bei wenigen Großfamilien), so sind es 2011 über 2.000 Einwohner. Es gibt kaum noch vereinzelte Häuser, und doch ist der Reiz der Landschaft im Großen und Ganzen erhalten geblieben. Auch heute liegen die Häuser versteckt im Grünen und die wenigen Bauernhöfe bieten noch weitläufige Wiesenlandschaften, heute auch als Pferdekoppeln. Ebenso ist der Wald noch stets ein Anziehungspunkt, sowohl um den Ort herum Richtung Aachen und Hergenrath (Kelmis), als auch im Ort mittendrin (Grossebusch).
Gegen Ende des 19. Und zu Beginn des 20. Jhdt. entstanden mehrere Gebäude entlang der alten Actienstraße von Aachen nach Eupen, von denen heute noch einige erhalten sind. Zunächst am Aachener Busch, auch 'an Köpfchen' genannt, die Restauration Zimmermann mit Gartenwirtschaft (derzeit Manneken Frit), ein Ausflugsziel, um zu den nahe gelegenen Zyklopensteinen zu wandern. An der Restauration Zimmermann war ab 1906 eine Haltestelle der neuen Straßenbahn von Aachen kommend. Dann folgten Richtung Hauset, die Restauration Homburg, der Neu-Hauseter Hof (dieser neue Abschnitt wurde in der Presse bald "Neu-Hauset" genannt), das Jagdschloss Hubertushöhe und weiter unten im Tal Richtung Eynattener Heide, die Ziegelei Heutz. Aachener Industrielle und Würdenträger, wie auch Militärangehörige, bauten entlang des Aachen-Eupener Weges Ihre Villen, ebenso am Hauseter Weg, heute Frepert genannt. Einige sind auch auf Frepert noch erhalten.
Nach dem Ersten Weltkrieg entstand am Aachener Busch die neue Staatsgrenze zwischen dem Königreich Belgien und dem Deutschen Reich. Bald errichtete man an dieser Stelle die Zollstation Köpfchen, die erst 1993 durch die Schaffung des Europäischen Wirtschaftsraums Ihre Bedeutung verlor. Sie hatte allerdings über Jahrzehnte Hauset durch Beschäftigung und Steuereinnahmen Wohlstand gebracht. Vor dem Zweiten Weltkrieg, ab 1938 wurde an Köpfchen der Westwall errichtet, von dem heute noch Reste zu sehen sind. Nach dem Zweiten Weltkrieg mit all seinem Elend und Leid, hatte die Schmuggelzeit vielen eine gewisse Aufbesserung ihrer Lebensverhältnisse gebracht, allerdings auch manche tragische Episode geboten.
Der Ortsteil
Der Ortsteil Hauset ist heute ein Dorf in der Gemeinde Raeren, eine der neun Gemeinden des deutschen Sprachgebiets in Belgien. Geologisch gesehen gehören die Dörfer Hauset und Eynatten zum "Herver Land". Hauset und Eynatten sprechen auch mundartlich, ebenso wie Raeren, den gleichen Dialekt, den der Kenner von dem Dialekt in Hergenrath und Kelmis unterscheiden kann. Heute wird dieser Dialekt nur noch vereinzelt gesprochen, zumal in Hauset über 50% der Bewohner Zugezogene deutscher Staatsangehörigkeit sind. In manchen Weilern der Gemeinde sind es sogar 80%.
Die schönsten Rad- und Wanderwege
Wie zwischen allen ehemaligen Ansiedlungen, Ortsteilen und Weilern der Gemeinde Raeren, ziehen sich auch in Hauset zahlreiche und gut unterhaltene Fußwege dahin. Heute werden diese Wege und Pfade als Wanderpfade genutzt. So kann man das ganze Dorf durchkreuzen und das genießen, was der Wanderer im 19. Jahrhundert bereits zu schätzen wusste. Die Verbindungsstraßen sind heute größtenteils bebaut und auch manche neue Siedlung wurde errichtet. Die Wege bieten aber an vielen Stellen einen schönen Ausblick oder Panoramablick auf die dahinter liegenden Landschaften: das hügelige Wiesenland, den Aachener Wald, das Tal der Göhl und viele andere Aussichtspunkte. Vor allem bieten diese Landschaften Entspannung und Ruhe. Der Besucher findet viele Vorschläge für Wanderouten, die von der Gemeinde in Zusammenarbeit mit dem Verkehrsverein herausgegeben wurden (Die schönsten Wanderwege). Erwähnen muss man auch die Initiativen des „Kunst- und Kulturverein im Köpfchen“ (KuKuk e.V.), der neben vielen Veranstaltungen und einer Cafeteria, auch die Grenzrouten gut dokumentiert und gekennzeichnet hat. Der Verein bietet in seiner Cafeteria auch viele Kunst- und Kulturveranstaltungen an.
Inzwischen wurden ebenso wie die Wanderwege auch die Radwege in der Gemeinde entworfen und gekennzeichnet. So ist es heute durchaus möglich, von Hauset aus auch zum Start der ersten Etappe des Eifelsteig zu wandern, der von Kornelimünster nach Trier führt. Von Hauset aus, kann der Radler an vielen Stellen in den gut gekennzeichneten Raeren Rad Rundweg (RRR) einsteigen und über den Vennbahnweg am Raerener Bahnhof, in den internationalen RAVeL Fahrradweg starten, der von hier über Kalterherberg, Surbrot, Weismes, Sankt Vith bis hin nach Luxemburg führt. Schließlich bietet Hauset an der Göhl ab der Restauration Auberge zur Geul, den Einstieg in die neue Göhlroute Via Gulia, die sowohl den Wanderer als auch den Radler über Kelmis, Moresnet, Sippenaeken mindestens bis nach Gulpen im Mergelland bringen kann, aber für die Mutigen auch weiter bis zur Mündung der Göhl in die Maas bei Meerssen.
Es lohnt sich deshalb auch heute, nach mehr als 150 Jahren noch immer, Hauset einen Besuch abzustatten, um die grüne Heimat zu Fuß oder auf dem Rad zu erkunden. Dabei sollte der Besucher die vielen kleinen Sehenswürdigkeiten am Rande des Weges durchaus mit einbeziehen in seine Neugier (1). Manches Kleinod liegt hier im Stillen verborgen. Die wenigen, aber umso freundlicheren Raststellen (2) laden zum kurzen Verweilen immer ein. Gerade 2021 steht für weitere Informationen die Webseite www.raeren-tourismus.be zur Verfügung.
(1) Die Pfarrkirche, Fingerhutsmühle, Villa Bohlen (Atelier des Künstlers Maró), die St. Rochus-Kapelle, das Muschelkreuz, die Göhlpromenade und die Kupfermühle, die Brücke über die Mulde und die neue Hammerbrücke, sowie am anderen Ende des Dorfes die Zyklopensteine.
(2) Konditorei Kockartz, Auberge zur Geul mit Terrasse, Café Nussstöck, Café im Residenzhof, Manneken Frit und Cafeteria im KuKuK. Neuerdings Pizzeria Genova.